Erste B-17-Landungen auf den Flugplatz Dübendorf, 17. August 1943 um 12.48 Uhr. Die B-17, während der Kriegsjahre besser als „Fliegende Festung“ bekannt, sorgte schon vor dem Krieg mit zahlreichen Rekordflügen für internationales Aufsehen. Sie war von der Literatur her auch hierzulande bestens bekannt. Am 17. August 1943 griffen 127 Bomber des 4th Bomb Wing der in England stationierten 8th Air Force die Messerschmitt-Werke in Regensburg an. Als taktische Überraschung für die gegnerische deutsche Luftwaffe sah der Angriffsplan vor, nicht mehr auf die Ausgangsbasen zurückzukehren. Die Flugzeuge sollten vielmehr nach der Bombardierung der bayrischen Industriemetropole die Alpen überqueren und auf Behelfsflugfelder in Nordafrika zu landen. Zwei schwer angeschlagene „Fliegende Festungen“ suchten bei diesem Angriff Zuflucht in der Schweiz. Die Bauchlandung einer B-17F-85-BO der 100th Bomb Group in Dübendorf, sowie einer B-17F-95-BO im bernischen Utzenstorf bildeten sowohl für die Fliegertruppe, als auch für die Bevölkerung eine regelrechte Sensation. Der nachfolgende Bericht schildert die Landung der ersten beiden B-17 am 17.August 1943 in Utzenstorf und Dübendorf. Regensburg. Der Name dieser deutschen Industriestadt ist wohl für immer mit einem der blutigsten Kapitel der 8.US-Luftflotte verbunden. Hauptziele der Amerikaner waren neben den U-Boot-Bunkern und Hydrieranlagen immer wieder die Industriebetriebe im Reichsgebiet. Diese Fabriken bildeten aber eine harte Nuss für die Bomber, lagen doch die meisten im Herzen Deutschlands, gut verteidigt von unzähligen Flakbatterien und der Luftwaffe, die zu dieser Zeit noch ein ebenbürtiger und gefürchteter Gegner der Bomber war. Im Sommer 1943 hatten im Wesentlichen erst die Städte im Norden und Nordwesten den Bombenterror zu spüren bekommen, entscheidend geschwächt wurde die deutsche Industrie durch diese Angriffe jedoch nicht. Nach wie vor rollten Unmengen von Flugzeugen und Panzern von den Fliessbändern, Flugzeuge, die später den Bomberbesatzungen das Leben schwer machen konnten. Auch General Henry „Hap“ Arnold, Oberkommandierender der 8. Luftflotte, sah sich mit diesem Problem konfrontiert. Wenn erst einmal diese Schwerpunkte der Flugzeugindustrie ausgeschaltet sein würden, so sein Gedanke, dann konnten die Bomber ungehindert verheerende Angriffe bis tief ins Reichsgebiet hineinfliegen. Tatsache war, dass 48% aller Messerschmitt Bf-109 in Regensburg und Wiener-Neustadt hergestellt wurden. Klar, dass diese Städte auch ganz zuoberst auf „Hap“ Arnolds Liste standen. Regensburg lag ungefähr 850km von den Basen des 4th Bomb Wing entfernt. Man war sich bewusst, dass nur eine sehr sorgfältige Vorbereitung Erfolg versprach. Die Bomber des 4th Combat Wing, später 3rd Air Division, alle ausgerüstet mit den reichweiten-vergrössernden „Tokyo-Tanks“, sollten Regensburg angreifen, dann aber, um den Gegner zu verwirren, nach Süden abdrehen und nach der Überquerung der Alpen auf den amerikanischen Basen in Nordafrika heruntergehen. Um die Verwirrung noch komplett zu machen, sollten die Bomber des 1st Combat Wing die Kugellagerfabriken in Schweinfurt angreifen und dann wieder zu ihren Basen in England zurückkehren. Der Angriff wurde auf den 17. August 1943 festgelegt. Ein Jahr zuvor hatten zwölf B-17 der 97th Bomb Group den ersten Angriff der 8th Air Force auf die „Festung Europa“ geflogen. Seither waren 404 B-17 Flying Fortress und B-24 Liberators über Europa verloren gegangen. Um 8.35 Uhr erhob sich der 127 Bomber starke Tross des 4th Bomb Wing mit Ziel Regensburg. Begleitet wurde die Formation, allerdings nur bis knapp an die deutsche Grenze, von 240 Republic P-47 Thunderbolt. Um 9.00 Uhr passierten die B-17 die holländische Küste. Den Deutschen war das nicht verborgen geblieben, was sich da im Anflug befand. Kurz nach Brüssel griffen einige Focke Wulf Fw 190 an, und die ersten vier B-17 wurden aus dem Verband herausgeschossen. Ein gnadenloser Luftkampf entbrannte, bis kurz vor den Alpen waren die B-17 der Luftwaffe und der Flak ausgeliefert. Dennoch, die Angriffe konnten die Bomber nicht von ihrem Weg abbringen. Um 10.37 Uhr kam Regensburg in Sicht, bei hervorragendem Wetter hatten die Flugzeuge keine Probleme, die Bomben möglichst genau ins Ziel zu bringen. P-38 Aufklärer- Fotos zeigten, dass das Werkareal zu zwei Dritteln zerstört war, dazu noch wichtige Bestandteile des Messerschmitt Me-262 Prototyps, was die Entwicklung des hochgeheimen Superflugzeuges wesentlich verzögerte. Zur grossen Überraschung der Deutschen drehten die Bomber nach dem Angriff gegen Süden ab. Vergeblich hatte die Luftwaffe im Nordwesten alle Einheiten in grösste Alarmbereitschaft versetzt, um den Bombern beim Rückflug den Garaus zu machen. Die B-17 hatten auch so genug Probleme, viele führten Tote und Verwundete an Bord. Angeschossene Motoren und leckende Treibstofftanks nährten die drückende Ungewissheit, jemals das rettende Nordafrika zu erreichen. Eine Besatzung versuchte, ihre angeschlagene B-17 bis nach Spanien durchzubringen, doch über Toulouse mussten sie ihre Maschine aufgeben. Die neutrale Schweiz bot sich als Landeplatz für angeschlagene Bomber geradezu an. 2nd Lt Stephen Paul Rapport von der 390th Bomb Group nützte diese Chance. Diese mit drei Missionen jüngste Gruppe im 4th Bomb Wing erzielte die beste Trefferrate aller beteiligten Gruppen, sie büsste aber auch sechs Maschinen ein. Die „Battle Queen- Peg of my Heart“ trennte sich kurz nach Regensburg von ihrer Einheit. Rapport schaffte es, seine ziemlich angeschlagene B-17 an allen Jägern vorbei in die Schweiz zu mogeln. Um 13.45 Uhr setzte er seine müde Queen mit eingezogenem Fahrwerk auf einer Wiese in Utzenstorf, Kanton Bern auf. Die B-17F-95-BO mit der Werknummer 42-30315 wurde später von den Schweizern demontiert und nach einer genauen Untersuchung nach dem Krieg verschrottet. Auch zwei Maschinen der 100th Bomb Group trennten sich von ihrem Verband in Richtung Schweiz. Col William Kennedys B-17, deren rechter Innenmotor nach einem Treffer in Flammen stand, musste mit seiner Crew den Bomber noch über Deutschland verlassen. Lt. Kenneth Oakes hatte mit seiner „High Life“ mehr Glück. Schon kurz nach dem Einflug in die Schweiz wurde seine Maschine von einem Morane-Jäger in Empfang genommen und sicher nach Dübendorf begeleitet. Für Oakes und seinen Copiloten Joseph Caldwell Harper war es Schwerstarbeit, ihre B-17F-85-BO auf dem ungewohnten und kurzen Platz sicher herunterzubringen. Die „High Life“ kam denn auch etwas zu „high“ und zu schnell angeflogen, nach etwa der Hälfte der Piste wies die EP-F immer noch eine Höhe von 10m auf. Oakes der seiner kranken B-17 keinen zweiten Anflug zumuten wollte, drückte die „High Life“ in den Sturzflug. Bei der brutal harten Landung flog das linke Hauptfahrwerkrad in hohem Bogen davon. Mit knapper Not konnten die Piloten einen Überschlag verhindern. Schliesslich kam die Maschine in einer riesigen Staubwolke zum Stehen. Solch eine spektakuläre Landung hatten die Dübendorfer schon lange nicht mehr erlebt, es sollte aber nicht die Letzte in dieser hektischen Zeit sein. Nach der Reparatur des Hauptfahrwerkes wurde die B-17 mit der Werknummer 42-30080 neben den Hangars des heutigen Fliegermuseums abgestellt und nach dem Krieg noch in der Schweiz verschrottet. „High Life“ ist der Name eines bekannten Bieres der amerikanischen Firma Miller, das in den USA immer noch erhältlich ist. Auf dem Flugzeug war denn auch ihr Signet, ein Mädchen, das auf dem Mond reitet, aufgemalt. Die Besatzung wollte mit diesen Übernahmen wohl auf das strickte Alkoholverbot, dem sich die amerikanischen Flieger in England unterziehen mussten, hinweisen. Ziehen wir zum Schluss noch die Bilanz dieses Tages. Um 16.20 Uhr setzten die letzten der 115 überlebenden Flying Fortress in Nordafrika auf. Mehrere Bomber mussten nach der Alpenüberquerung im Mittelmeer notwassern, eine stürzte über Italien ab. Nur gerade sechzig dieser Maschinen kehrten am 24. August 1943 nach England zurück. Die anderen befanden sich in einem nicht mehr reparierbaren Zustand. In der September-Ausgabe des Jahres 1982 berichtete COCKPIT über die Landung der ersten Boeing B-17 in der Schweiz. Eine im Zusammenhang mit diesem Artikel in einer amerikanischen Luftwaffenzeitschrift aufgegebene Suchanzeige führte dazu, dass sich die Besatzung des Bombers nach vierzig Jahren in Milwaukee zu einer glanzvollen Party wieder zusammenfand. Blenden wir doch vorerst das Rad der Zeit noch einmal um vierzig Jahre zurück! In England starteten am 17. August 1943 21 Boeing B-17 Flying Fortress der 100th Bomb Group zum Angriff auf die Messerschmitt-Werke in Regensburg. Die 100th Bomb Group verlor dabei neun Maschinen, die höchste Verlustzahl aller beteiligten Gruppen an diesem Tag. Die „High Life“ hatte mit zwölf vorhergehenden Missionen die meisten Einsätze in dieser Gruppe geflogen. Fünfundzwanzig hätten sie und ihre Crew gebraucht, um wieder in die Staaten zurückkehren zu können. Den ersten Einsatz flog die Maschine am 25. Juni 1943, als Bremen bombardiert wurde. Die Besatzung der „High Life“ bestand also aus erfahrenen Männern, die sich in Einsätzen über Frankreich und Deutschland bewährt hatten. Nicht zuletzt aus diesem Grund wurde ihr der hinterste Platz in der höchsten Formation der 100th Bomb Group zugeteilt. Da dieser Platz bei Angriffen der deutschen Jäger besonders gefährdet war, trug er den makabren Titel „Cofin Corner“(Sargecke). Die Mission zeigte, dass die Besatzungen mit dieser Bezeichnung nicht ganz Unrecht hatten. Über dem Ziel wurden der Maschine zwei Motoren zerschossen. Oakes wollte der Crew schon den Befehl zum Aussteigen geben, als Navigator Harris den Vorschlag machte, die Schweiz anzufliegen. Um 12.48 Uhr landete die B-17 dann in Dübendorf. Bei den Recherchen für den COCKPIT-Artikel liess der Mitarbeiter eine Suchanzeige in der Eight Air Force News aufgeben. Leider wurde das abgedruckte Foto dann mit einem falschen Kommentar versehen. Dies rief zwei Angehörige der Crew auf den Plan. Joe Harper aus Texas korrigierte den Irrtum in einem Leserbrief, während Funker Scott keine Kosten scheute und von Alabama aus direkt in die Schweiz anrief, um die Sache zu klären. Scott und Harper hatten den Kontakt zueinander wie auch zu den restlichen Mitgliedern der Besatzung seit der Internierung in der Schweiz verloren. In Scott reifte der Gedanke, auch die anderen Mitglieder der „High Life“ aufzustöbern. In den Staaten ist dies ein recht schwieriges Unterfangen, da die Amerikaner die Angewohnheit haben, oft ihren Wohnsitz zu wechseln. „Ungefähr 1000 Franken kosteten allein die Telefongespräche, die notwendig waren, um alle meine Freunde wieder zu finden“, meinte Scott. „Nur einen habe ich nicht gefunden, unseren Bombardier Lloyd Hammerlund. Weiterhin erfuhr ich, dass McGrath im Jahre 1960 gestorben ist“. Zuerst wollte Jim Scott bei sich zu Hause in kleinem Rahmen eine Wiedersehensparty organisieren, doch dann erfuhr die Miller Brewing Inc. in Milwaukee von diesem Vorhaben. Miller, der Produzent des in Amerika sehr beliebten „High Life“-Bieres, lud die Crew mit ihren Ehefrauen kurzerhand nach Milwaukee ein. Drei Tage, vom 9. bis 11. Juni 1983, dauerte die Party. Flug, Essen und Unterkunft wurden von der Brauerei bezahlt. Viele Gäste fanden sich ein, für die lokale Presse und das Fernsehen war es das Ereignis der Woche. Gratulationen trafen aus der ganzen Welt ein, darunter auch Glückwünsche von Präsident Ronald Reagan und Verteidigungsminister Caspar Weinberger. Es war ein erhebender Augenblick, als sich die neun Männer nach vierzig Jahren zum ersten Mal wieder sahen. Mit von der Partie war auch ein Mitglied, das nicht am denkwürdigen Flug teilgenommen hatte, Howard Ball wurde während einer Mission am 25. Juli 1943 verletzt und sein Nachfolger war Lloyd Hammerlund. Höhepunkt des Treffens bildete ein Flug mit einer der letzten noch fliegenden B-17. Die Flying Fortress, eine späte G-Version, kam von der Experimental Aircraft Association aus Oshkosh. Die Maschine trägt die frei erfundenen Kennzeichen UD-F und die Seriennummer 85740. Zu diesem Anlass erhielt die B-17 den originalen Schriftzug, wie ihn die „High Life“ 1943 getragen hatte. Das Mädchen auf dem Mond bildet seit 1903 das Wahrzeichen dieses Bieres. Die vierzehnte Mission der High Life Besatzung war ein Rundflug vom Flughafen Mitchell Field über die Stadt Milwaukee. Zuvor konnte die Maschine von einer grossen Zahl Schaulustiger bewundert werden. Jim Scott nach dem Flug: „Die dreizehnte Mission war ein Alptraum, diese hier ein süsser Traum, den ich nie mehr vergessen werde“. Jim Scott feierte den vierzigsten Jahrestag in Dübendorf, wo er am 17. August notgelandet war. Jim war ergriffen, als er die Stelle sah, wo die „High Life“ zum Stehen gekommen war. Scott war zu diesem Zeitpunkt 61 Jahre alt. Er arbeitete als Raketentechniker bei Redstone Rocket in Huntsville, wo er auch wohnte. Dem Fliegermuseum schenkte er ein Bild, das die „High Life“ während des Angriffs auf Regensburg zeigt.
Crew:
Pilot: 1st Lt Donald K. Oakes
Copilot: F/O Joseph C. Harper
Navigator: 2ndt Lt Hiram E. Harris
Bombardier: 2ndt Lt Lloyd A. Hammerlund
Engineer: T/Sgt George W. Elder
Radio: T/Sgt James P. Scott
Ball Turret: S/Sgt Leslie D. Nadeau
Right Waist: S/Sgt Vincent K. McGrath
Left Waist: S/Sgt Nolan D. Stevens
Tail Gunner: T/Sgt Leonard Goyer